Harald Eschenburg, durch seine Romantrilogie "Schlagseite" / "Wind von
vorn" / "Im Schlepp" einem weiten Leserkreis bekannt geworden, ist ein
Enkel des verdienten Lübecker Bürgermeisters Johann Georg Eschenburg.
Waren in seinem ersten Zyklus Kieler Bürgerfamilien, die Marine und das
Rathaus Mittelpunkt der von 1928–1948 reichenden Handlung, gibt
"Lübecker Marzipan oder fünfzehn Rosen" ein Bild der alten Hansestadt in
unseren Tagen. Es ist das besonders Norddeutsche, dem sich der Autor
widmet, wenn er am Beispiel dreier, in einem Haus wohnender Generationen
verdeutlicht, welchen Wandlungen Lebensauffassung und Lebensart heute
unterworfen sind. Ein reichliches Dutzend Frauen- und Mädchengestalten
unserer Zeit finden mit knappen Strichen ihr Porträt, jede von ihnen
spricht auf das andere Geschlecht in eigner Weise an. Wolfgang
Spangenschild, der jüngste der Familie, überrascht seine Umwelt und
nicht zuletzt den Leser durch seine Entwicklung vom nichtsnutzigen "Gör"
zu einer, wenn auch ungewöhnlichen Sinnerfüllung.
Der Fluß der Erzählung mit einem Untergrund von Humor jagt nicht
Spannungseffekten nach, es geht dem Erzähler um einen Stil, der sich von
den Modetorheiten gegenwärtiger Umgangssprache löst und sie befreit von
den abgedroschenen Fremdwörtern der Ideologen. "Lübecker Marzipan oder
fünfzehn Rosen" rettet etwas von dem Wortschatz des alten Fontane in ein
Stück zeitgenössischer Prosa hinüber.