Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1974

 

Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1974

250 S., Leinen
Preis Euro: 16,-

ISBN 13: 978-3-920421-22-3
Verlag: Hansa Verlag

 

Das Schwerpunktthema dieses vierten Jahrbuches bildet das Jahrfünft vor der Orientreise Mays, jene Zeit äußerer Bizarrerie und innerer Unentschiedenheit, die der Wende zum Alterswerk voraufgeht. May war, seit die Buchausgabe seiner Reiseerzählungen zu erscheinen begonnen hatte, als Autor überaus erfolgreich gewesen. Die literarische Kritik war ihm, zunächst, wohlgesonnen, und er trat aus seiner früher zurückgezogenen und finanziell bedrängten Existenz zum ersten Mal als berühmter und wohlhabender Mann in die Öffentlichkeit hinaus. Die Art, in der er dies tat, der Versuch nämlich, in der Maske seiner Romanhelden vor der Welt zu erscheinen, wird literargeschichtlich immer eine der seltsamsten Formen schriftstellerischer Selbststilisierung bleiben. Der einleitende Beitrag Claus Roxins stellt zu dokumentarischen Zwecken das wesentliche Material über das Auftreten Mays in dieser Zeit zusammen. Ein Sonderkapitel aus dem umfangreichen Komplex Mayscher Mystifikationen behandelt Klaus Hoffmann in seiner materialreichen Studie über "Herkunft, Wirkung und Legende" von Silberbüchse, Bärentöter und Henrystutzen. Wenn man bedenkt, daß die sagenumwobenen Gewehre in der älteren May-Forschung sogar als Indiz für eine frühere Amerikareise Mays bewertet wurden, wirkt das Ergebnis der von Hoffmann angestellten Forschungen recht desillusionierend. Wie wichtig die Erhellung der >inneren Biographie< Mays für die Interpretation seiner reiferen Werke ist, zeigen Hans Wollschlägers Lesenotizen zu >Am Jenseits<, der letzten und relativ unbekanntesten, aber sicher bedeutendsten seiner späten Reiseerzählungen. Das Buch ist in einem äußeren Sinne Fragment geblieben; aber der ausgeführte, sehr geschlossen wirkende Teil bildet eine für sich stehende Erzählung, deren offenes Ende ins Spätwerk hinüberweist. Den publizistischen Schlußstrich unter die Tätigkeit Mays als "Abenteuerschriftstellen und >Weltreisender< bildet die Auseinandersetzung mit Fedor Mamroth, dem ehedem einflußreichen Feuilletonredakteur der "Frankfurter Zeitung<. Hansotto Hatzig hat den Pressestreit kommentiert und vollständig dokumentiert. Der Fehde kommt - im Rahmen der Biographie Mays - eine gewisse historische Bedeutung zu, denn sie bildet den Beginn der massiven Presseangriffe, die von dieser Zeit an bis zum Tode Mays und weit darüber hinaus nicht wieder zur Ruhe gekommen sind. Heinz Stolte setzt seine grundlegende Arbeit über die literaturpädagogische Bedeutung der Jugendschriften Mays mit einer Interpretation der >Sklavenkarawane< fort. Die schon vom Autor als >Jugenbücher< intendierten Schriften Mays sind, verglichen mit den Reiseerzählungen, in höherem Grade das Produkt des planenden Verstandes und didaktischer Konstruktion, und es zeigt sich, daß May auf diesem Gebiet entgegen einer noch heute im einschlägigen Schrifttum verbreiteten Meinung Bedeutendes leisten konnte. Hainer Plauls Abhandlung über das gegen May gerichtete Pamphlet, das als >Kahl-Broschüre< in die Sekundärliteratur eingegangen ist, holt viel zeitgeschichtliches, mit großer Genauigkeit ermitteltes Material in die Darstellung hinein, die den Prozeßdschungel, der das Leben Mays in seinen letzten Jahren überwucherte, in einem wichtigen Teilbereich erstmals ausleuchtet.

 

Inhaltsverzeichnis

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